Sonntag, 15. August 2010

Das Baltikum ruft

Wie ihre hier sehen könnt, bin ich bei 27 Grad auf alles vorbereitet!

16.08. Heute nach ruhiger Schiffsreise von zwei und einer halben Stunde treffe ich in Tallin ein. In diese Stadt bin ich sofort verliebt und beschliesze deshalb gleich noch einen Tag zu verlängern. Aber morgen ist mein Hotel, was wirklich seinen Preis wert und auszerdem am Rande der Stadtmauer als quasi mitten im Zentrum liegt, voll, wie man mir sagt. Ich könnte allerdings in meinem Doppelzimmer bleiben, allerdings zum doppelten Preis. Ich kann jedem Reisenden nur empfehlen sich erst einmal bei HRS unter www.hrs.de zu informieren. Jetzt bin ich also zum Leser und vor allem Internetnutzer der estnischen Nationalbibliothek in Tallin geworden und habe fuer morgen ein Hotel am Rand der Stadt im Gruenen zum halben Preis.
Irgendwie brauche ich mal wiederzwei Tage an einem Platz um zu verarbeiten und weiter zu denken.
Nachdem ich am Nachmittag einem Madrigalchor in einer Kirche eine Weile lauschte, gab es das erste Mal in meinem Leben Bären mit lecker Rotwein dazu. Ich hoffe nur ,der Kellner hat mir keinen Bären aufgebunden. Am Abend sah ich im Theater No.99 eine Tanzperformence einer Company aus Belgien (Choreografie: Anne Terese de Keersmaeker), deren Tänzer aus 12 verschiedenen Ländern und 5 Kontinenten stammen. Das Ganze hat mich ein bissl an meine Dresdner Rhythmikzeiten erinnert. Allerdings war diese Truppe wesentlich professioneller als wir damals. Was da eine Stunde zu "Drumming" von Steve Reich abging, war wirklich atemberaubend. Da gingen Soli in Duos, Terzette usw. ueber, wechselten mit Ensembleszenen, in denen die Tänzer wild durcheinander liefen, sich zitierten oder sich synchron bewegten. Wie man sich dieses Wirrwarr von einer Stunde merken kann, ist mir ein Rätsel, denn es wurden keine Bilder gezeigt oder Geschichten erzählt, sondern ein Bewegungsimpuls ging in den anderen ueber oder wurde zum Sprung, Hebung usw. Irre.
27. Etappe: 17.08. Tallin - (30 km -2861 km)
Das Frühstück ist heute ein Witz. In der Lounge stehen Papiertueten mit einem Sandwich, einem Tetrapack Saft, einem Apfel und einem Jogurt, d.h. als ich komme, steht nur noch eine vollständige Tüte da. Die anderen sind von den hunrigen Vorgängern geplündert. Ich bin grad beim Kaffeekochen, als weitere Gäste eintreffen. Irgendwie gelingt es uns über das Nachbarhotel weitere Tüten zu organisieren. So haben wir Zeit in illustrer Runde zu talken. Am Ende sitzen da zwei Tschechen, wobei sie in Bruessel bei der EU arbeitet, ein Ungar und ein Deutscher, die gemeinsam bei einer Schweizer Bank arbeiten und ich. Wenn man sich überlegt, wie weit von ihren Wurzeln die heutige Arbeitswelt die Menschen verschlägt und wie kosmopolitisch sich diese Menschen auch sehen, komme ich mir ein bissl altmodisch vor. Auszerdem merke ich wieder, wie schlecht mein Englisch ist. Wie gut, dass die Tschechin und der Ungar neben ihrem perfekten Englisch auch noch sehr gut Deutsch sprechen.
Mein neues Hotel liegt tatsächlich am Stadt- und Waldrand. Es ist zwar ein Vorwendeplattenbau, aber das Zimmer ist sehr geräumig und hell. Kein schlechter Tausch, zumal ich heute mittag auch gleich noch die heimische, sehr preiswerte Kueche dort ausprobieren konnte inklusive Töpfe gucken. Was mir auffiel, dass sehr viele Eingeboren zum Essen kamen und die Männer fast ausschlieszlich ein Glas Milch zu ihrem Mittagessen nahmen :-).?!
Das KUMU, das estnische Kunstmuseum, ist ein aus Beton und Glas geformter Koloss, aber offenbar muessen Museumsneubauten heute so aussehen, siehe Leipzig. Interessant war fuer mich, das 80% der Maler des 18./19. Jahrhunderts, die da hängen, deutsche Namen und somit deutsche Wurzeln haben. Auch ein Herr und eine Frau von Kuegelgen (die dresdner werden damit etwas anfangen können) waren vertreten. Die Bilder aus dieser Zeit sind ja ueberall die gleichen Schinken. An Expressionisten gab es ganz 12 Bilder und die Moderne war wirklich sehr brav. Den sozialistischen Realismus samt Lenin und Stalin muss man auch mal wieder gesehen haben. Am Interessantesten fand ich ein fast weiszes Bild, welches nur die Konturen eines Porträts erahnen liesz. In einer groszen Videoinstallation konnte man nebenan die Entstehung des Bildes verfolgen, von den ersten Strichen, ueber die verschiedenartigsten farblichen Uebermalungen bis hin zur fast wieder Unsichtbarmachung des Porträts. Gleich neben dem KUMU findet man das wunderbare Kathariental - Park und Schloss, welches Peter der Grosze bauen lies und nach seiner Frau benannte. Und da die Herrschenden auch heute zu leben verstehen, ist eine Villa mit Park auf dem Gelände Präsidentenpalast. Heute Abend muss mich noch entscheiden ob ich mich fast ohne Hoffnung beim ausverkauften Konzert des Hillard-Ensembles anstelle; aber die hört man natuerlich nicht jeden Tag, oder mir in der Niguliste-Kirche estnische Sakralmusik & Volkschoräle anhöre. Auf alle Fälle werde ich die Stadt heute noch mal bei Nacht durchstreifen, denn da zeigt sie ihr mittelalterliches Flair am schönsten.
Nachtrag: Der Abend endet in "der Mittelalter-Kneipe" der Altstadt mit entsprechender Musik, Kräuterbier und Wurst vom Bär, Elch & Wildschwein. Als die vier Bratwuerste vor mir liegen und sich durch nichts unterscheiden, frage ich die Bedienung, welche nun von wem sei, den eigentlich hätte ich schon gern gewuszt, welche Unterschiede es da gibt. Die Antwort: "Es ist alles in den Wuersten gemixt." Na, mit den Touris können sie es ja machen.

3 Kommentare:

  1. vielleicht triffst du in litauen ja auf meine vorfahren! je nach familienstand hängt am nachnamen -as (männl) -aite (frl) oder -ene (frau)dran . ich war mal in vilnius und klaipeda, damals sehenswert und habe gelernt, dass "Gesundheit" irgendetwas wie "Hundzweikatzen" heißt! verbesserer mich - viel spaß weiterhin Delia

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  2. Das macht richtig Lust auf Urlaub dort. Ich hoffe, wir schaffen es auch mal. Werden dann auf jeden Fall auf Dich zurück kommen. Gute Reise weiterhin und viele schöne Eindrücke. Diana

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  3. Hallo Delia, danke fuer den Tipp mit der Hunden und Katzen, werde dir berichten, ob es funktioniert hat. Das die Diana noch lebt, freut mich. Beste Gruesze an alle Steinbacher. MO

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