Estonia, Estonia!!!
28. Etappe: 18.08.2010 Tallin - Haapsalu - (110 km - 2971 km)
Für den heutigen Tag sind Regen und Gewitter angesagt. Ich beschließe nicht den wald- und sandwegreichen Radweg zu nehmen, sondern direkt auf der Landstraße nach Haapsalu zu fahren. Erstens "spare" ich so 50 km und entgehe zweitens der Option im Zelt schlafen zu müssen, da es laut Karte unterwegs nur eine Pension gibt. Heute ist der Tag für den Einsatz meiner 3-D-Brille, die ich mir in Dänemark gekauft habe und die ich bisher nur in der 1. Dimension als Sonnenbrille genutzt habe. Die 2. Dimension besteht aus einer gabz normalen Klarsichtscheibe gegen Staub und Insekten beim Fahrrad fahren. Die 3. Dimension jedoch ist gemacht für Tage wie diesen, an denen es so grau ist, als ob es gleich wieder Nacht würde. Die gelben aufhellenden "Antidepressionsgläser" lassen auch den trübsten Tag sonnig erscheinen.
Den mittäglichen Regenschauer überbrücke ich im Landgasthof, wo es für knapp 5 Euro das Mittagsmenü- Fischsuppe, eine Art klein geschnittene Krautroulade mit Kartoffeln, ein sehr süßes Dessert und natürlich ein Glas Milch - gibt. Auf den ersten 30 Kilometern um Tallin atme ich soviel Feinstaub, wie im ganzen letzten Jahr nicht mehr, denn hier fahren noch viele qualmende Autos und besonders Lkws herum. Doch ist man erst einmal aus dem Dunstkreis der großen Städte heraus, erwarten einen breite und verkehrsarme Highways. Das erste Gästehaus in Haapsalu passt sofort von Preis und Ausstattung. Da im selben Moment der Himmel seine Schleusen öffnet und bis in die Nacht hinein auch nicht wieder schließt, habe ich das Gefühl, mal wieder alles richtig gemacht zu haben. Aus selbigen Grund komme ich am Abend auch nur 50 Meter weiter in die nächste Bar, wo ich sofort von Juha angesprochen werde. Wieder mal ein Finne, der mit seiner 16 Jahre älteren Freundin auch eben in Haapsalu eingetroffen ist. Juha spricht abwechselnd mit dem Wirt Russisch oder Estnisch, mit mir Englisch und mit seiner Freundin Finnisch. Ab und zu schwenkt er noch ins Französische und erklärt mir, dass er 6 Sprachen spricht und in Helsinki, Tartu und Petersburg studiert hat. Mit Charlotta rede ich viel über Indien und übers Bücher schreiben..!? Irgendwann landen wir in ihrer Ferienwohnung, wohin ich auch gleich noch für die nächste Nacht eingeladen werde. Es regnet bis weit nach Mitternacht in Strömen. Und der Abend endet feucht-fröhlich.
29. Etappe: 19.08.2010 Haapsalu - Pärnu - (133 km - 3104 km)
Obwohl anders angesagt, scheint am Morgen die Sonne. Gut, dass ich gestern Abend keinen Wodka mitgetrunken habe. So kann ich das etwas eigenwillige Frühstück in der zum Gästehaus gehörenden Konditorei genießen. Es gibt eine Scheibe Wurst mit Brot, ein Ei und Kartoffelsalat..? Anschließend hole ich meinen Stadtrundgang nach: Das Schloss ist wirklich sehenswert und gut erhalten und da ich früh dran bin, werde ich von einer freundlichen Mitarbeiterin ins Laboratorium - so einer Art Hexenküche und sogar auf den Glockenturm, von dem man die Stadt, die zu gut zwei Dritteln von Wasser umgeben ist, überschauen kann. Eindrucksvoll ist auch die komplett erhaltene Wehrmauer. Ich knipse noch da ein Häuschen und dort eine Villa und zum Schluss den imposanten Jugendstil-Bahnhof. Guter Dinge radle ich zur Fähre, denn heute soll es über die beiden größten estnischen Inseln gehen. Als ich den Fährehafen leer vor mir sehe, fällt mir erst ein, dass ich mich ja nach den Zeiten hätte erkundigen müssen. Und tatsächlich geht die nächste Fähre erst am späten Nachmittag, so dass mein Plan dahin ist. Ich hadere mit mir selbst und beschließe die Inseln für ein nächstes Mal aufzuheben und den Landweg Richtung Süden zu nehmen. An einer unübersichtlichen Kreuzung stoppe ich einen Transporter und frage den Fahrer- Typ Handwerksmeister- nach dem Weg. Er weist mir einen neu geschotterte Sandweg, der, wie ich nach wenigen Metern merke, durch den nächtlichen Starkregen ziemlich aufgeweicht ist. Plötzlich überholt mich mein Handwerksmeister, stoppt und erklärt mir, er würde mich ein Stück fahren. Erst will ich in meinem Radlerstolz ablehnen. Doch wenige Minuten später, während wir durch Riesenpfützen und Schlammspuren fahren, danke ich dem Herrn und vor allem meinem Driver. Nach ca 8 km sind wir am Highway und ich beschließe diesen auch nicht wieder zu verlassen. Im Matsalu-Nationalpark sehe ich mein erstes Wiesel in freier Wildnis. Elche gab es leider immer noch nicht zu sehen und auf die Bären, die es hier auch geben soll, kann ich verzichten. Das ist also die zweite Rarität nach meinem Fasan im ehemaligen deutsch-deutschen Grenzgebiet. Sicher auch nicht alltäglich ist eine Wiese mit über 50 Störchen, die sich weder vom Verkehr noch vom heranpirschenden Maik stören lassen. In Lahula - einem typischen Straszendorf, mit typischen Holzhäusern, der Kirche und der wahrscheinlich ehemaligen Gutsbesitzervilla - gibt es noch ein riesiges postsozialistisches Kulturhaus, in demman kostenlos Computer nutzen kann, was ich zur Buchung meines Hotels nutze, so dass ich beruhigt in den Abend hineinradeln kann. Zur Belohnung gibt es am Abend im Sport & Spa Hotel eine Art Lachspastete mit Salat, eine leckere Fischsuppe und als Hauptgang Butterfisch dazu ein Glas Bier und später ein Gläschen Wein. Das alles für reichlich 20 Euro. Super. Ich buche gleich noch eine Nacht dazu.
20.08.2010, Pärnu, die estnische Sommerhauptstadt (32 km/ 3136 km))
Heute ist Unabhängigkeits- und somit Nationalfeiertag!!!
Die Sonne lacht dazu & ich mache einen Ruhe- & Wellnesstag!!!
Morgens nach dem Schwimmen und der Sauna das bisher umfangreichste Frühstückbüfett (.........) Mein Fahrrad bekommt heute auch etwas Zuwendung- putzen, ölen, Bremsen und Schrauben nachstellen und Reifenwechsel, denn mein Hinterreifen hat kaum noch Profil. Da der Vorderreifen aber fast noch wie neue aussieht, werde beide einfach getauscht. Ich hoffe, so komme ich noch 2000 km.
Pärnu ist der Badeort in Estland. Schicke Hotels & Restaurants, Parks zum Spazieren, Einkaufspassagen zum Flanieren und ein langer Sandstrand. Trotz Sonnenschein war das Wetter aber heute eher was für Server. In Pärnu deuten nur die beflaggten Häuser auf den Feiertag hin, wobei die Flagge eher wie ein Putzlappen aussieht. Blau-Schwarz-Weiß - irgendwie fehlt ein optimistischer Farbton. Ansonsten scheint nicht besonders gefeiert zu werden. Nach dem Besuch des Museums of Modern Art Pärnu (klingt gut), in dem sich mein Eindruck von den braven estnischen Künstlern bestätigt, denn die anderen europäischen Künstler, die zu sehen sind, zeigen viel provokativere Kunstwerke, sehe ich noch eine Tanzperformence einer jungen Company aus Pärnu. Die jungen Mädels sind mit soviel Begeisterung dabei, dass die kleinen Schnitzer gar nicht ins Gewicht fallen. Auf dem Heimweg höre ich noch irgendwo Big-Band-Sound und finde die 11 köpfige Kapelle in einem Park vor einer wunderschönen Jugendstilvilla, die offenbar als Hotel und Noblerestaurante fungiert. Ich könnte mindestens jeden zweiten Song mitsingen. Die Swingmusik der 30er bis 50er Jahre ist eben international. Um so unverständlicher ist es für mich, dass die Sängerin nur 2 Titel von den 12, die ich höre, singt und dazu auch noch bei "Satin doll" scheitert. Am liebsten hätte ich mir bei "Tea for two" oder "Quando" das Mikro geschnappt.
28. Etappe: 18.08.2010 Tallin - Haapsalu - (110 km - 2971 km)
Für den heutigen Tag sind Regen und Gewitter angesagt. Ich beschließe nicht den wald- und sandwegreichen Radweg zu nehmen, sondern direkt auf der Landstraße nach Haapsalu zu fahren. Erstens "spare" ich so 50 km und entgehe zweitens der Option im Zelt schlafen zu müssen, da es laut Karte unterwegs nur eine Pension gibt. Heute ist der Tag für den Einsatz meiner 3-D-Brille, die ich mir in Dänemark gekauft habe und die ich bisher nur in der 1. Dimension als Sonnenbrille genutzt habe. Die 2. Dimension besteht aus einer gabz normalen Klarsichtscheibe gegen Staub und Insekten beim Fahrrad fahren. Die 3. Dimension jedoch ist gemacht für Tage wie diesen, an denen es so grau ist, als ob es gleich wieder Nacht würde. Die gelben aufhellenden "Antidepressionsgläser" lassen auch den trübsten Tag sonnig erscheinen.
Den mittäglichen Regenschauer überbrücke ich im Landgasthof, wo es für knapp 5 Euro das Mittagsmenü- Fischsuppe, eine Art klein geschnittene Krautroulade mit Kartoffeln, ein sehr süßes Dessert und natürlich ein Glas Milch - gibt. Auf den ersten 30 Kilometern um Tallin atme ich soviel Feinstaub, wie im ganzen letzten Jahr nicht mehr, denn hier fahren noch viele qualmende Autos und besonders Lkws herum. Doch ist man erst einmal aus dem Dunstkreis der großen Städte heraus, erwarten einen breite und verkehrsarme Highways. Das erste Gästehaus in Haapsalu passt sofort von Preis und Ausstattung. Da im selben Moment der Himmel seine Schleusen öffnet und bis in die Nacht hinein auch nicht wieder schließt, habe ich das Gefühl, mal wieder alles richtig gemacht zu haben. Aus selbigen Grund komme ich am Abend auch nur 50 Meter weiter in die nächste Bar, wo ich sofort von Juha angesprochen werde. Wieder mal ein Finne, der mit seiner 16 Jahre älteren Freundin auch eben in Haapsalu eingetroffen ist. Juha spricht abwechselnd mit dem Wirt Russisch oder Estnisch, mit mir Englisch und mit seiner Freundin Finnisch. Ab und zu schwenkt er noch ins Französische und erklärt mir, dass er 6 Sprachen spricht und in Helsinki, Tartu und Petersburg studiert hat. Mit Charlotta rede ich viel über Indien und übers Bücher schreiben..!? Irgendwann landen wir in ihrer Ferienwohnung, wohin ich auch gleich noch für die nächste Nacht eingeladen werde. Es regnet bis weit nach Mitternacht in Strömen. Und der Abend endet feucht-fröhlich.
29. Etappe: 19.08.2010 Haapsalu - Pärnu - (133 km - 3104 km)
Obwohl anders angesagt, scheint am Morgen die Sonne. Gut, dass ich gestern Abend keinen Wodka mitgetrunken habe. So kann ich das etwas eigenwillige Frühstück in der zum Gästehaus gehörenden Konditorei genießen. Es gibt eine Scheibe Wurst mit Brot, ein Ei und Kartoffelsalat..? Anschließend hole ich meinen Stadtrundgang nach: Das Schloss ist wirklich sehenswert und gut erhalten und da ich früh dran bin, werde ich von einer freundlichen Mitarbeiterin ins Laboratorium - so einer Art Hexenküche und sogar auf den Glockenturm, von dem man die Stadt, die zu gut zwei Dritteln von Wasser umgeben ist, überschauen kann. Eindrucksvoll ist auch die komplett erhaltene Wehrmauer. Ich knipse noch da ein Häuschen und dort eine Villa und zum Schluss den imposanten Jugendstil-Bahnhof. Guter Dinge radle ich zur Fähre, denn heute soll es über die beiden größten estnischen Inseln gehen. Als ich den Fährehafen leer vor mir sehe, fällt mir erst ein, dass ich mich ja nach den Zeiten hätte erkundigen müssen. Und tatsächlich geht die nächste Fähre erst am späten Nachmittag, so dass mein Plan dahin ist. Ich hadere mit mir selbst und beschließe die Inseln für ein nächstes Mal aufzuheben und den Landweg Richtung Süden zu nehmen. An einer unübersichtlichen Kreuzung stoppe ich einen Transporter und frage den Fahrer- Typ Handwerksmeister- nach dem Weg. Er weist mir einen neu geschotterte Sandweg, der, wie ich nach wenigen Metern merke, durch den nächtlichen Starkregen ziemlich aufgeweicht ist. Plötzlich überholt mich mein Handwerksmeister, stoppt und erklärt mir, er würde mich ein Stück fahren. Erst will ich in meinem Radlerstolz ablehnen. Doch wenige Minuten später, während wir durch Riesenpfützen und Schlammspuren fahren, danke ich dem Herrn und vor allem meinem Driver. Nach ca 8 km sind wir am Highway und ich beschließe diesen auch nicht wieder zu verlassen. Im Matsalu-Nationalpark sehe ich mein erstes Wiesel in freier Wildnis. Elche gab es leider immer noch nicht zu sehen und auf die Bären, die es hier auch geben soll, kann ich verzichten. Das ist also die zweite Rarität nach meinem Fasan im ehemaligen deutsch-deutschen Grenzgebiet. Sicher auch nicht alltäglich ist eine Wiese mit über 50 Störchen, die sich weder vom Verkehr noch vom heranpirschenden Maik stören lassen. In Lahula - einem typischen Straszendorf, mit typischen Holzhäusern, der Kirche und der wahrscheinlich ehemaligen Gutsbesitzervilla - gibt es noch ein riesiges postsozialistisches Kulturhaus, in demman kostenlos Computer nutzen kann, was ich zur Buchung meines Hotels nutze, so dass ich beruhigt in den Abend hineinradeln kann. Zur Belohnung gibt es am Abend im Sport & Spa Hotel eine Art Lachspastete mit Salat, eine leckere Fischsuppe und als Hauptgang Butterfisch dazu ein Glas Bier und später ein Gläschen Wein. Das alles für reichlich 20 Euro. Super. Ich buche gleich noch eine Nacht dazu.
20.08.2010, Pärnu, die estnische Sommerhauptstadt (32 km/ 3136 km))
Heute ist Unabhängigkeits- und somit Nationalfeiertag!!!
Die Sonne lacht dazu & ich mache einen Ruhe- & Wellnesstag!!!
Morgens nach dem Schwimmen und der Sauna das bisher umfangreichste Frühstückbüfett (.........) Mein Fahrrad bekommt heute auch etwas Zuwendung- putzen, ölen, Bremsen und Schrauben nachstellen und Reifenwechsel, denn mein Hinterreifen hat kaum noch Profil. Da der Vorderreifen aber fast noch wie neue aussieht, werde beide einfach getauscht. Ich hoffe, so komme ich noch 2000 km.
Pärnu ist der Badeort in Estland. Schicke Hotels & Restaurants, Parks zum Spazieren, Einkaufspassagen zum Flanieren und ein langer Sandstrand. Trotz Sonnenschein war das Wetter aber heute eher was für Server. In Pärnu deuten nur die beflaggten Häuser auf den Feiertag hin, wobei die Flagge eher wie ein Putzlappen aussieht. Blau-Schwarz-Weiß - irgendwie fehlt ein optimistischer Farbton. Ansonsten scheint nicht besonders gefeiert zu werden. Nach dem Besuch des Museums of Modern Art Pärnu (klingt gut), in dem sich mein Eindruck von den braven estnischen Künstlern bestätigt, denn die anderen europäischen Künstler, die zu sehen sind, zeigen viel provokativere Kunstwerke, sehe ich noch eine Tanzperformence einer jungen Company aus Pärnu. Die jungen Mädels sind mit soviel Begeisterung dabei, dass die kleinen Schnitzer gar nicht ins Gewicht fallen. Auf dem Heimweg höre ich noch irgendwo Big-Band-Sound und finde die 11 köpfige Kapelle in einem Park vor einer wunderschönen Jugendstilvilla, die offenbar als Hotel und Noblerestaurante fungiert. Ich könnte mindestens jeden zweiten Song mitsingen. Die Swingmusik der 30er bis 50er Jahre ist eben international. Um so unverständlicher ist es für mich, dass die Sängerin nur 2 Titel von den 12, die ich höre, singt und dazu auch noch bei "Satin doll" scheitert. Am liebsten hätte ich mir bei "Tea for two" oder "Quando" das Mikro geschnappt.
Nachtrag: Die Esten, so wie ich sie erlebte, sind offen und freundlich. In touristischen Bereichen sprechen sie ein sehr gutes Englisch, so dass man sich manchmal seines eigenen schämen muss. Sobald man jedoch in ländlichere Gebiete kommt, sieht man auch viel einfaches Leben, sowohl was die Behausung als auch die Bekleidung betrifft und was Karin besonders auffiel: Die Qualität des Gebisses als Zeichen von Wohlstand - von glänzenden Goldzähnen bis hin zum lückendhaften Gebiss von Mittvierzigern.
Für den Radfahrer: Außer um Tallin herum waren alle (auch größeren) Straßen, vor allem wenn sie kein E oder A davor hatten, recht verkehrsarm und gut gefahrbar. Auch ausgewiesene Radwege würde man bei uns nicht als solche bezeichnen. Bordsteinkanten sind selten abgesenkt und wenn man sich mit Fußgängern einen Meter teilen muss, ist dies auch nicht besonders lustig. Ich bevorzuge die Straße.
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