Donnerstag, 9. September 2010

Endlich wieder zu Hause!!!
Nur bei der Suche nach dem Eingang gibt es noch Probleme ....


Das ist Vilmante aus Vilnius/ Littauen mit ihrem Milchtopf .!?

Ein deutsch-polnisch-littauisches Frühstück

Trotz Starkregen wird von diesen Mittsiebzigern das Heu eingebracht.

So wird die karge Rente aufgebessert!

Mit voller Pferdestärke auf den Highway

Filmreife Kulisse in Gdansk

Und nun von der anderen Seite . .

Gdansk wird bei Nacht von einem Monster bewacht.

Sachen trocknen vor dem nächsten Regen

Mein treuer Freund vor der letzten Fährfahrt von Danzig nach Hel

Letztes Ostseebild - An Baden ist hier nicht mehr zu denken

Wieder in Deutschland - Ahlbeck Grenze

Die kleine Runde um die Ostsee findet ihren Abschluss, wo alles begann - auf einem kleinen privaten Zeltplatz bei der Usedom-Sabine

Freitag, 3. September 2010

Es ist vollbracht

Die Kette quietscht, der Hals kratzt und die Beine sind schwer, aber am 02.09.2010 erreiche ich nach 8 Länder in 7 Wochen, 6 Hauptstädte und 5 andere große europäische Städte, 4 Fährfahrten und 3 Inseln sowie 2 Radreparaturen und einem großen vorherbstlichen Tief Ahlbeck/ Usedom und somit den Ausgangspunkt meiner Rundfahrt.
- Wie immer könnt ihr die Fehler, die ihr findet, behalten!!!! -
Ausführlichere Informationen gibt es in den nächsten Tagen!

26.08. Kaunas - 10 km - Die wohl kürzeste Etappe

Nach einer anderthalbstündigen, ca. 100 km langen und mit sehr anregenden Gesprächen gefüllten Fahrt mit "meinem Hoteldirektor" erreichen wir die Stadtautobahn von Vilnius, wo ich abgesetzt werde. Ich bekomme noch seine Visitenkarte: "Falls irgend etwas nicht klappt, nur anrufen. Ich komme." - Über die Schnellstraßen von Kaunas versuche ich so schnell wie möglich mein Hotel zu erreichen und durchquere dabei die Plattenbau gefüllten Vororte der zweitgrößten Stadt Littauens. Meine Herberge liegt gut zwei Kilometer vom Zentrum. Ich brauche nur dem ebenso langen Fußgängerboulevard zu folgen, der gegen 21 Uhr fast menschenleer ist, denn natürlich sind alle Geschäfte geschlossen. Dafür bekomme ich diese Stadt bei Nacht mit ihren vielen angestrahlten Kirchen. Am Markt löst sich leider grad das Open-Air-Konzert auf. Also wird es heute nichts mehr mit Livemusik. Doch für ein gutes Essen dick in Decken eingewickelt auf der Terasse eines Restaurants mit Blick auf den belebten Markt reicht es noch. Zum Abschluss gibt es noch die erste Taxifahrt an den Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei zurück zum Hotel.

27.08. Kaunas - Motel an der litauisch- polnischen Grenze - 88 km

Am Morgen überlege ich noch kurz mir die Stadt noch bei Tag zu besehen, allerdings sieht es mal nach ein paar Stunden ohne Regen aus und so beschließe ich schnell loszufahren. Was ich noch von der Stadt mitbekomme ist überwiegend grauer Beton, so dass ich meinen Entschluss nicht bereue. Kaunas wird immer mit seinen nächtlich angestrahlten Kirchen in meiner Erinnerung bleiben.
Auf dem Weg Richtung Süden versuche ich immer die großen Straßen zu meiden, da die Nebenstraßen landschaftlich reizvoller und verkehrsärmer sind. Da der größte Teil des Landes landwirtschaftlich geprägt ist und somit wenig Schutz durch Bäume oder ähnliches bietet, bekommt man natürlich die volle Kraft des herbstlichen Windes zu spüren.
Doch allemal besser als der Horror der Fernverkehrsstraßen! Meist gibt es nur 20 bis 30 Zentimeter Randstreifen und der Rückstau der vorbeirauschenden LKW bringt mich ganz schön ins Schleudern. Doch heute spüre ich die Rücksichtslosigkeit littauischer Mobilisten besonders: Einmal rast ein überholender PKW mit Wohnanhänger direkt auf mich zu, so dass ich nur noch in den Straßengraben fahren kann, das andere Mal pfeift mir von hinten eine Landmaschine ca. 30 Zentimeter an meinem Kopf vorbei. Der LKW-Fahrer hatte wohl vergessen, dass diese rechts und links ca. einem Meter über seine Ladefläche seitlich hinausstand. Nach ca. 70 km erreiche ich die letzte größere littauische Stadt, also wahrscheinlich auch die letzte Gelegenheit ein trockenes Quartier zu finden. Das einzige, was ich finde, ist ein sündhaft teures Hotel. Allerdings bietet mir die junge Rezeptionistin auch gleich eine Laptop mit dem Hinweis an, ich könnte das Zimmer übers Internet zum halben Preis buchen. Aber das Wetter hält und ich will eigentlich weiter. So entschließe ich mich nach einigen Entschuldigungen für mein ungewöhnliches Ansinnen, sie zu fragen, ob auf meinem Weg nach Polen nicht vielleicht noch eine Unterkunft in Sicht ist. Sehr freundlich erklärt sie mir, ich würde kurz vor der polnischen Grenze noch ein Motel finden. Diese erreiche ich gegen 16.00 Uhr bei einsetzendem Regen, der die nächsten 20 Stunden auch nicht wieder aufhören wird. Nun sitze ich in einem Motel 5 km vor der polnischen Grenze, neben mir rauscht die Fernverkehrsstraße und auf meine Dachfenster prasselt der Regen. Irgendwie ist es ein bissl wie Sinnflut. Die Prognosen im TV sind auch finster und die Moral sinkt. Aus Verzweiflung sehe ich mir "Ice Age" auf littauisch an. Den einzigen Lichtblick an diesem Abend treffe ich an der Bar - Rick. Rick ist Trucker, kommt aus Schottland und hat eine deutsche Freundin. Z.Z. ist er gerade mit der Bühne von "U2" von Moskau nach Wien unterwegs von wo es dann weiter nach Istanbul gehen wird und würde mich sofort mitnehmen. Warschau, Brno, Wien- egal wohin du willst. Meine Radlerehre und die Hoffnung, dass es am nächsten Tag schon irgendwie besser werden wird, lässt mich auf sein Angebot nicht eingehen. Als am nächsten Morgen der Regen unvermindert auf meine Dachfenster prasselt, denke ich nur "Rick". Doch der ist schon weg: C'est la vie.

28.08. Motel an der litauisch-polnischen Grenze - Warschau via Suwaltki - 42 km

Als es kurz vor Mittag immer noch sinnflutartig regnet, habe ich mich innerlich schon fast auf einen weiteren Tag in diesem tristen Motel eingestellt, als der Regen plötzlich aufhört und es ein wenig aufhellt. So erreiche ich in 2 Stunden ohne Regen das trieste, polnische Suwaltki. An diesem Tag ruft dieser Ort nur eine Reaktion bei mir hervor. So schnell wie möglich weg hier. Die nächsten größeren Ortschaften in Richtung Masuren, wohin ich mich eigentlich wenden wollte, sind gut 90 Kilometer entfernt und bei diesen unsicheren Witterungsverhältnissen mit dem Fahrrad heute kaum noch zu erreichen. Eine erhofft Zugverbindung in diese Richtung gibt es am nächsten Morgen um sechs mit mehrmaligem Umsteigen. Zwei Züge gibt es noch: Einen zurück nach Vilnius/ Littauen und eine Zug, der an diesem Tag noch nach Warschau fährt. Plötzlich sitze ich in einem Zug nach Warschau und fahre 5 Stunden durch Wald- und Seenlandschaft. Das "Centrum-Hotel", das ich sehr günstig übers Internet gebucht habe, erweist sich als Flop, denn es liegt mitnichten im Zentrum. Am Ende bleibt mir nichts anderes übrig, als mein Fahrrad samt Gepäck im nächtlichen Warschau in ein Taxi zu packen und mich 12 km in die Vorstadt fahren zu lassen.

29.08. Warschau - Danzig per Zug - 15 km

Es ist Sonntag und ich bin wieder in einer europäischen Hauptstadt. - Am Morgen radle ich durch die Warschauer Vorort wieder Richtung Zentrum. Einige Telefonate in die Heimat prophezeien für die nächsten Tage keine wirkliche Wetterbesserung, so dass ich ernsthaft überlege, irgend einen Zug Richtung Deutschland zu nehmen. Warschau nehme ich als eine Stadt aus Glas, Stahl und Beton mit einigen Stalinbauten wahr, die man nicht unbedingt gesehen haben muss. Vorm Rathaus ist eine riesen Veranstaltung, wie ich später erfahre, zum 30. Jahrestag der Solidarnocz-Gründung. Irgendwie will ich doch wieder auf den Richtungen Weg kommen und beschließe, den nächsten Zug nach Danzig zu nehmen. Der nette Bahnmitarbeiter, der auch sehr gut deutsch spricht, erklärt mir allerdings bedauernd, dass an diesem Tag in allen Zügen nach Danzig die Fahrradkontigente ausgeschöpft sind. Einzige Chance: Auf den Bahnsteig gehen und den Schaffner fragen, ob noch Platz ist. Er schreibt mir sogar noch einige Sätze auf polnisch auf, die ich dem Schaffner vorlegen kann. So beschließe ich, das "Schicksal" entscheiden zu lassen. Entweder ich komme in den nächsten Zug nach Danzig und bin am Abend wieder an der Ostseeküste oder ich fahre nach Hause. Am Ende finde ich keinen Schaffner und hieve mein Fahrrad einfach in den völlig überfüllter Zug, in den ich mit meinem Fahrrad eigentlich gar nicht hätte einsteigen dürfen. Deshalb erzähle ich dem Schaffner beim Nachlösen auch gar nichts von meinem Fahrrad und komme so wieder auf den rechten Weg. Danzig ist einfach traumhaft schön, weshalb ich auch eine sündhaft teure Herberge direkt gegenüber vom alten Rathaus beziehe. So bin ich mitten in der Altstadt und kann den Abend und den nächsten Vormittag zur Erkundung der Stadt nutzen. Diese Stadt hält, was die Reiseführer versprechen: Viel, besonders auch deutsche Historie und filmreife Kulissen.

30.08. Danzig via Hel auf Schloss Krokowa - 62 km
Während meiner vormittäglichen Sightseeingtour höre ich aus irgend einem Restaurant "Die perfekte Welle" von "Juli", dazu lugt die Sonne ab und an hinter dicken Wolken hervor. Der letzte Abschnitt meiner Tour - der 3. Teil des Ostseeradweges von Danzig nach Ahlbeck kann beginnen. Gegen Mittag geht es in ca. 2 Stunden mit der Fähre auf die vorgelagerte Halbinsel Hel, so dass ich dem Verkehr von Gdynia und Sopot entgehe. Das ich dort wirklich nichts verpasse, werden mir einige Tage später noch andere Radler (Knut & Heike)bestätigen. Der Radler-Wetter-Gott wird mir die nächsten vier Tage holt sein und es vor allem nachts oder zu Zeiten, in denen ich nicht radeln muss, regnen lassen. Die kurze Etappe absolviere ich recht zügig auch dank ordentlicher Straßen- bzw. Radwegverhältnisse. Schloss Krokowa ist wirklich eine kleine Perle, die sehr liebevoll mit deutschen und EU-Geldern saniert wurde. Am Nachmittag schlendere ich durch den Schlosspark und am Abend geniese ich, was die Schlossköchin zaubert. Am nächsten Morgen übertrifft sie sich übrigens noch mit einem wirklich feudalen Frühstücksbufett.
Höhepunkt der wechselvollen Geschichte diese Gutes ist übrigens das Leben zwei deutscher Brüder, die als letzte Besitzer zu Zeiten des 3. Reiches auf polnischer und deutscher Seite sich quasi im Felde gegenüberstanden...

31.08. Schloss Krokowa - Ustka - 122km

01.09. Ustka - Kolobrzeg/ Kolberg - 125 km

02.09. Kolobrzeg/ Kolberg - Usedom 121 km (4.125 km)

Montag, 30. August 2010

Ich lebe noch!!!
Leider ist nicht viel Zeit den in der Danziger Bibliothek gefundenen PC zu nutzen, denn erstens ist die Stadt mit ihren alten und nachbebauten Hansehaesern ein Traum und zweitens geht mein Schiff nach Hel, einer kleinen vorgelagerten Halbinsel. Von da wird mich der Ostseeradweg die letzten gut 450 km in die Heimat leiten. Das Wetter ist eben so wie in Deutschland sehr wechselhaft und kalt, dies setzt dem Radler doch ziemlich zu.
MO

Donnerstag, 26. August 2010

Meine Reise durch Litauen

Geneigter Leser: Jeden Fehler den Du findest, kannst du behalten!

32. Etappe: 24.08.2010: Riga - Pakruojis (133 km- 3505 km)
Am Morgen "besuche" ich noch mal meinen Fahrradmechaniker, da am Vorabend mein Licht plötzlich nicht mehr geht. Außerdem muss die Schaltung noch mal nachgestellt werden. Wir werkeln eine knappe halbe Stunde herum, kommen, was das Licht betrifft, aber zu keinem wirklichen Ergebnis. Seine Handwerkerehre (oder was auch immer) verbietet es ihm von mir Geld zu nehmen, zumal ich ihm am Vortag schon ein kleines Trinkgeld gegeben habe, so dass wir uns freundlich mit Handschlag verabschieden. Obwohl ich kein Wort Lettisch und er kein Wort Deutsch oder Englisch sprechen, verstehen wir uns bei der Arbeit prächtig. Ich hätte es zwar auch mit Russisch probieren können, aber man muss mit der Sprache der Besatzer vorsichtig sein. In Riga leben zwar ca. 40 % Russen, die zu Sowjetzeiten auch kein bisschen Lettischen lernen brauchten, da ja Russisch Amtssprache war, und die auch heute in ihren eigenen Communitis leben, aber die eigentlichen Letten wohlen nicht Russisch angesprochen werden. Als ich vor Tagen in Riga einreiste, fuhr ich durch einen russisch bewohnten, sehr heruntergekommenen Vorort. Dort sprechen dich die Männer vorm Supermarkt zwischen 20 und 40 direkt an, ob du Zigaretten hast oder ihnen ein Bier mitbringen kannst. Einige Läden erinnern noch an die Ostzeiten. In diesen Geschäften gibt es keine Selbstbedienung, sondern die Verkäuferinnen reichen dir das Gewünschte über den Ladentisch. Alle in der Schlangen hinter dir können so in Ruhe verfolgen, was du einkaufst, und haben genügend Zeit zu überlegen, ob sie das auch brauchen. - Insgesamt bin ich im Gebrauch der Sprache in Lettland außerhalb der üblichen Touristenpfade, auf denen stets ein gutes Englisch gesprochen wird, ziemlich unsicher, zumal mein Schulrussisch eh zu nichts mehr zu gebrauchen ist.
Heute ist ein Tag an dem auch keine 3-D-Brille hilft. Der Wind weht straff von Südwest und ich muss in Richtung Süd. Die einzige direkte Verbindung Richtung Kaunas/ Litauen, die ich auf meiner Karte finde ist zudem die A7 - eine Fernverkehrsstraße, die mir einen Randstreifen von 15 - 50 cm bietet. Wenn sich auf einer solchen zweispurigen Straße zwei LKWs begegnen, kannst du nur deinen Lenker sehr fest und gerade halten und beten, dass du von hinten nicht gestreift wirst, oder schnell in den Sandstreifen fahren. Nach ca. 60 km bietet sich die Gelegenheit auf kleineren Straßen weiterzufahren. So erreiche ich Bauska mit seiner schönen Renaissanceburg. Hier gibt es nach der Besichtigung auch noch die Gelegenheit die restlichen LETI in eine warme Suppe und ein leckeres Kräuterbier umzusetzen. Die auf der Karte eingetragene Straße über die grüne Grenze verwandelt sich für einige Kilometer in eine Schotterpiste und führt mich anschließend durch dutzende winzige Ansiedlungen und über riesige Felder. Für jede Baumgruppe bin ich dankbar, weil sie zumindest teilweise den starken Gegenwind bricht. Als sich der nächste auf meiner Karte schon ziemlich groß geschriebene Ort, auch wieder nur als "Kuhdorf" offenbart, bereue ich schon ein wenig, nicht den offiziellen Grenzübergang genommen zu haben. Die Sonne nähert sich dem Horizont und ich habe weder etwas zu Essen (bis auf meine Müsliriegel-Notreserve und einen Apfel) noch littauisches Geld. Ein Cashgeld-Automat oder ein Hotel, in dem man mit Kreditkarte bezahlen kann, ist hier nicht zu erwarten und auch andere Unterkünfte oder Campingplätze sind hier nicht zu erwarten. In einem Dorfkonsum gelingt es mir dann doch noch mit viel Geduld und Einsatz zweier Karten meine Vorräte aufzufüllen, allerdings ist die Kommunikation ziemlich schwierig, denn von meinen Brocken Russisch wollen die Verkäuferinnen gar nichts wissen und selbst mit den herbeigerufenen Teenagern ist ein Gespräch auf Englisch nicht zielführend. Doch irgendwann kommt der das Wort Hotel und der Finger auf die Karte und einen Ort, der noch 15 km entfernt ist. Und das in der Dämmerung und ohne Licht. Ich erreiche das Örtchen, das eine gut beschilderte Tankstelle. Auf der Suche nach einer Herberge sehe ich vor einem Restaurante ein bepacktes Fahrrad. So lerne ich Pjotr kennen, der eben noch schnell sein Schnitzel aufessen will, bevor er dem Tipp einer Litauerin folgend eine kleine Insel in einem Schlosspark, den ich vor wenigen Minuten passierte, suchen will. Er weist mir noch den Weg zum Geldautomaten und nachdem er sein Schnitzel verdrückt hat, machen wir uns gemeinsam auf die Suche. Bald finden wir die romantische Insel und Vilmante, eine Radlerin aus Vilnius. Nachdem wir bei Vollmondlicht und dem unserer Stirnlampen die Zelt aufgebaut haben, verbringen wir den Abend bei Tee und Kerzenschein in einer Melange aus EngLitDeuPolnisch. So verbringe ich meine erste Nacht in Litauen umgeben von Wasser mit einer Litauerin und einem Polen.

33. Etappe: 25.08.2010: Pakruojis - Seduva (35 km - 2947/3540 km)
Der Morgen begrüßt uns mit Regen und herbstlichen Wind. Erst meint man, er wolle gar nicht mehr enden, doch gegen zehn reißt der Himmel auf. Während unsere Sachen trocknen, legen wir alles was wir haben auf unseren großen Frühstückstisch im grünen Gras und jubilieren mit jedem Sonnenstrahl ein bissl mehr. Es gelingt uns, unsere Sachen trocken einzupacken. Da die nächsten Regenwolken heranziehen, verabschieden wir uns kurz aber herzlich. Ich bekomme von Vilmante zum Abschied noch ein Basecape mit einem Aufdruck zur 1000-Jahr-Feier Litauens. - Während ich in Pakruojis auf der Post ein Päckchen versende und noch einige Landkarten kaufe, öffnet sich wieder der Himmel. So sind wir drei wenige Minuten später im Gasthaus, welches uns schon am Vorabend zusammenführte, vereint. Kurze sonnige Abschnitte wechseln mit heftigen Regenschauern. Keiner von uns will wirklich aufs Fahrrad. Irgendwann gegen halb drei, nachdem es mindestens zehn Minuten nicht geregnet hat, brechen wir auf. Die beiden haben inzwischen festgestellt, das sie den gleichen Weg und außerdem das Glück haben, dass der Wind von hinten kommt. Mein Weg führt mich wieder gegen den Wind. Heute sind Windstärken bis 23 m/sec., das entspricht, wie ich später ausrechne, ca. 83 km/h. Dazu regnet es teilweise so stark, dass ich kaum noch die Straße sehen. Heute wäre es besonders gut durch waldreiche Gegenden zu fahren. Doch hier gibt es nur riesige Felder. Nur selten findet sich eine Baumgruppe, die den Wind ein wenig bricht oder eine Möglichkeit zum Unterstellen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen ist hier im Inland kaum mit Unterkünften zu rechnen. Ich bin nach gut 3 Stunden und 30 Kilometern trotz Regenbekleidung völlig durchnässt und am Ende meiner Kräfte. Der nächste größere Ort ist noch 15 km entfernt, vielleicht gibt es dort etwas....., doch dann ist es kein Fata Morgana sondern ein wirkliches Hotel, welches mir eine heiße Dusche, ein warmes Essen und einen PC im Büro des sehr gut deutschsprechenden Direktors (die Tastatur ist übrigens auch deutsch, so dass ich die sz und ue weglassen kann) bietet. Abends sehe ich noch die deutschen Nachrichten. Das Wetter ist dort offenbar ähnlich mies. Ansonsten hüte ich das Bett.

26.08.2010: Seduva - Kaunas

Nach einem vorzüglichen Frühstück stehe ich schon mit bepackten Fahrrad zur Abfahrt bereit. Doch es beginnt gerade wieder stark zu regnen. Der Hals kratzt. Die Glieder zwicken. So kann ich dem Angebot des Direktors nicht wiederstehen, der heute Abend mit seinem Bus in Kaunas einen Geschäftspartner vom Flughafen abholen wird: Ich kann in seinem Büro den PC benutzen, während er momentan unterwegs ist, und er wird mich heute Abend mit nach Kaunas nehmen, wo ich dank HRS ein gutes & günstiges Hotel gebucht habe. Ein solcher Joker war in meiner Planung eigentlich gar nicht vorgesehen, doch bei jedem Blick vom PC aus dem Fenster bin ich froh nicht gefahren zu sein. Vielleicht kann ich ja mit einem neuerlichen Ruhetag die heranziehende Erkältung verhindern. - Langsam kommen eh so Gedanken, ob es wirklich sinnvoll ist sich hier im Norden mit Sturm und Regen herumzuplagen, während man doch im Süden bei angenehmen Temperaturen unterwegs sein könnte. Auch wenn ich mich in Polen sehr auf die Masuren freue, ist dies sicher auch sehr wetterabhängig.
Gerade habe ich bei einem Kaffee mit dem Hoteldirektor ein Stündchen über Land und Leute geschwatzt. Der Mann hat zu Sowjetzeiten russische Sprache unter anderem auch 4 Jahre im böhmischen Pilsen unterrichtet. Er hat natürlich eine ganz andere Sicht auf das Thema Rußland als Vilmante, die zu Wendezeiten in Vilnius den Panzern gegenüberstand und absolut antirussisch eingestellt ist.
Für den Radfahrer: Verlässt man touristisch erschlossene Gegenden wie die Ostseeküste, muss man sich auf weite Wege ohne die Annehmlichkeiten des Westens einstellen. Zwar hat fast jedes Dorf einen Konsum, aber dort kann man nur bar bezahlen. Rechtzeitiges Tauschen ist also ratsam, während man auf Touristenpfaden eigentlich auch alles mit Kreditkarte bezahlen kann - Unterkunft, Restaurante, Supermarkt, Eintrittspreise ..... Auf dem Land gibt es nur an den großen Hauptverkehrsstraßen Unterkünfte - zumindest solche, die für den Ausländer erkennbar sind. Campingplätze habe ich keine gesehen. Zelten ist nur in waldreichen Gegenden möglich, da ansonsten weite Flächen landwirtschaftlich genutzt sind, allerdings würde ich mir auch bei besserem Wetter überlegen, ob ich einfach irgendwo campe, denn man wird auf den Dörfern ein bisschen wie ein Außerirdischer angesehen, wenn man mit dem schwerbepackten Fahrrad vorbeifährt. Auf den Dörfern ist der uns vertraute Wohlstand nur an wenigen Stellen zu sehen. Es gibt noch überwiegend alte Block- und Holzhäuser, die garantiert vor 80 oder 100 Jahren nicht anders aussahen. Symbol des Wohlstandes ist für viele ein großes, meist schwarzes Auto. Dem Rußausstoß nach wären diese Fahrzeuge bei uns z.T. nicht mehr zugelassen. Auch wenn ich einige rücksichtsvolle Fahrer erlebt habe, sollte man nie auf sein Recht vertrauen. Bei vielen Verkehrsteilnehmern gillt das Recht des Stärkeren, weshalb auch viele Radfahrer und Fußgänger am Zebrastreifen brav warten, bis kein Auto mehr in Sicht ist. Radwege sind teilweise ausgeschildert, allerdings gerade mit Gepäck absolut nicht zu empfehlen. Die Beschaffenheit ist meist sehr schlecht und das Brutalste sind die zehn bis fünfzehn Zentimeter hohen Bordsteinkanten. Ich ziehe es vor auch farblich gut sichtbar die Straße zu benutzen. Somit kann an auch mal den Verkehr ein wenig ausbremsen, um bei Regen keine Komplettdusche zu bekommen. Besonders nach den Starkregen der letzten Tage sind zeitweise mehr Pfützen als Straßenbelag sichtbar. Auch in Riga war ich bereits an Zeiten meiner Kindheit erinnert, als man als Fußgänger nach Regen höllisch aufpassen mußte, um nicht von den vorbeifahrenden Autos geduscht zu werden. Manchen Autofahrern scheint es offenbar Spaß zu machen, jede Pfütze mitzunehmen.

Mittwoch, 25. August 2010

Fotos
für alle, die nicht so gern lesen


Zum Glück durfte ich nach einer halben Stunde Rundgang wieder zu meinem Fahrrad
Hier mal wieder eines meiner "berühmten" Panoramabilder - RIGA

Auch solche Burschen sitzen in Riga herum

Riga - Stadt mit Gegensätzen

Esten, Letten und Littauer begehen gemeinsam den Tag der Unabhängigkeit von Moskau
Die Spatzen und Tauben springen für eine Krume auch mal auf die Hand

Auf dem Weg über die grüne Grenze

Vilmante und Pjotr


Montag, 23. August 2010

Auf den Weg durch Lettland
Ich glaube, jetzt habe ich den einzigen öffentlichen PC im Rigaer Rathaus gefunden. Die Nationalbibliothek hat zum Montag!!!! leider geschlossen. Außerdem gibt es wieder eine völlig neue Tastatur. Ich soll euch von Wolfgang sagen, wenn ihr Fehler findet, dürft ihr sie behalten.

30. Etappe: 21.08.2010 - Paernu - Salacgriva- (85 km/ 3221 km)

Heute hilft auch keine 3-D-Brille, trübes Regenwetter. Zum Glück treffe ich Karin und Wolfgang, zwei pensionierte Lehrer aus Schleswig, die ihren Unruhe-Stand mit einer Radtour von Helsinki nach Hamburg beginnen. Und da wir vor dem Starkregen auch ins beste (weil einzige) Hotel von Salacgriva flüchten, ist ein unterhaltsamer Abend gesichert.

31. Etappe: 22.08.2010 Salacgriva - Riga - (115 km/ 3336km)

Auch heute fahre ich mit meiner Antidepressionsbrille und fuer mich scheint die Sonne. Zum Glück entgehe ich den Schauern meist durch eine Pause. Ansonsten gibt es lange breite Sandstraende mit zum Teil traumhaften freien Zeltplätzen und im Muenchhausen-Haus ein Museum, in dem er 6 Jahre gelebt haben soll. - In Riga mache ich noch einen großen Stich. Im Hotel will man mir meine Buchung erst gar nicht glauben, denn das Zimmer kostet hier vor Ort 48,- Euro. Dank HRS habe ich es für 19 gebucht.
Abends ist Stadtfest. Die Straßenbahnbenutzung ist kostenfrei, so dass ich mein Rad al stehen lasse. Es gibt viel Live-Musik. Das angeblich typisch estnische Essen bekommt mir allerdings nicht so gut .

23.08.2010 Riga - Ruhetag (36 km - 3372 km)

Einige Stunden bin ich mit Fahrradpflege beschäftig. Erst baue ich selbst. Als dann auch noch ein Baudenzug der Schaltung reißt, ist es Zeit für eine Generalueberholung. Am Ende wechselt der gute Mann für 15,- Euro drei Baudenzüge und die Bremsbelege, dazu noch zwei andere verschließene Kleinteil und stellt alles wieder ein. Zu Riga ist so viel geschrieben worden, da halte ich mich lieber zurück. Aber das mit dem Paris des Nordens haut schon irgendwie hin.
Am Abend gibt es noch jede Menge Live-Musik. Das Faszinierendste ist der Auftritt einer Volksmusikgruppe zu deren Musik ganz viele Leute zwischen 20 und 40 mitsingen und in alter Volkstanztradition tanzen.

Freitag, 20. August 2010

Estonia, Estonia!!!

28. Etappe: 18.08.2010 Tallin - Haapsalu - (110 km - 2971 km)
Für den heutigen Tag sind Regen und Gewitter angesagt. Ich beschließe nicht den wald- und sandwegreichen Radweg zu nehmen, sondern direkt auf der Landstraße nach Haapsalu zu fahren. Erstens "spare" ich so 50 km und entgehe zweitens der Option im Zelt schlafen zu müssen, da es laut Karte unterwegs nur eine Pension gibt. Heute ist der Tag für den Einsatz meiner 3-D-Brille, die ich mir in Dänemark gekauft habe und die ich bisher nur in der 1. Dimension als Sonnenbrille genutzt habe. Die 2. Dimension besteht aus einer gabz normalen Klarsichtscheibe gegen Staub und Insekten beim Fahrrad fahren. Die 3. Dimension jedoch ist gemacht für Tage wie diesen, an denen es so grau ist, als ob es gleich wieder Nacht würde. Die gelben aufhellenden "Antidepressionsgläser" lassen auch den trübsten Tag sonnig erscheinen.
Den mittäglichen Regenschauer überbrücke ich im Landgasthof, wo es für knapp 5 Euro das Mittagsmenü- Fischsuppe, eine Art klein geschnittene Krautroulade mit Kartoffeln, ein sehr süßes Dessert und natürlich ein Glas Milch - gibt. Auf den ersten 30 Kilometern um Tallin atme ich soviel Feinstaub, wie im ganzen letzten Jahr nicht mehr, denn hier fahren noch viele qualmende Autos und besonders Lkws herum. Doch ist man erst einmal aus dem Dunstkreis der großen Städte heraus, erwarten einen breite und verkehrsarme Highways. Das erste Gästehaus in Haapsalu passt sofort von Preis und Ausstattung. Da im selben Moment der Himmel seine Schleusen öffnet und bis in die Nacht hinein auch nicht wieder schließt, habe ich das Gefühl, mal wieder alles richtig gemacht zu haben. Aus selbigen Grund komme ich am Abend auch nur 50 Meter weiter in die nächste Bar, wo ich sofort von Juha angesprochen werde. Wieder mal ein Finne, der mit seiner 16 Jahre älteren Freundin auch eben in Haapsalu eingetroffen ist. Juha spricht abwechselnd mit dem Wirt Russisch oder Estnisch, mit mir Englisch und mit seiner Freundin Finnisch. Ab und zu schwenkt er noch ins Französische und erklärt mir, dass er 6 Sprachen spricht und in Helsinki, Tartu und Petersburg studiert hat. Mit Charlotta rede ich viel über Indien und übers Bücher schreiben..!? Irgendwann landen wir in ihrer Ferienwohnung, wohin ich auch gleich noch für die nächste Nacht eingeladen werde. Es regnet bis weit nach Mitternacht in Strömen. Und der Abend endet feucht-fröhlich.
29. Etappe: 19.08.2010 Haapsalu - Pärnu - (133 km - 3104 km)
Obwohl anders angesagt, scheint am Morgen die Sonne. Gut, dass ich gestern Abend keinen Wodka mitgetrunken habe. So kann ich das etwas eigenwillige Frühstück in der zum Gästehaus gehörenden Konditorei genießen. Es gibt eine Scheibe Wurst mit Brot, ein Ei und Kartoffelsalat..? Anschließend hole ich meinen Stadtrundgang nach: Das Schloss ist wirklich sehenswert und gut erhalten und da ich früh dran bin, werde ich von einer freundlichen Mitarbeiterin ins Laboratorium - so einer Art Hexenküche und sogar auf den Glockenturm, von dem man die Stadt, die zu gut zwei Dritteln von Wasser umgeben ist, überschauen kann. Eindrucksvoll ist auch die komplett erhaltene Wehrmauer. Ich knipse noch da ein Häuschen und dort eine Villa und zum Schluss den imposanten Jugendstil-Bahnhof. Guter Dinge radle ich zur Fähre, denn heute soll es über die beiden größten estnischen Inseln gehen. Als ich den Fährehafen leer vor mir sehe, fällt mir erst ein, dass ich mich ja nach den Zeiten hätte erkundigen müssen. Und tatsächlich geht die nächste Fähre erst am späten Nachmittag, so dass mein Plan dahin ist. Ich hadere mit mir selbst und beschließe die Inseln für ein nächstes Mal aufzuheben und den Landweg Richtung Süden zu nehmen. An einer unübersichtlichen Kreuzung stoppe ich einen Transporter und frage den Fahrer- Typ Handwerksmeister- nach dem Weg. Er weist mir einen neu geschotterte Sandweg, der, wie ich nach wenigen Metern merke, durch den nächtlichen Starkregen ziemlich aufgeweicht ist. Plötzlich überholt mich mein Handwerksmeister, stoppt und erklärt mir, er würde mich ein Stück fahren. Erst will ich in meinem Radlerstolz ablehnen. Doch wenige Minuten später, während wir durch Riesenpfützen und Schlammspuren fahren, danke ich dem Herrn und vor allem meinem Driver. Nach ca 8 km sind wir am Highway und ich beschließe diesen auch nicht wieder zu verlassen. Im Matsalu-Nationalpark sehe ich mein erstes Wiesel in freier Wildnis. Elche gab es leider immer noch nicht zu sehen und auf die Bären, die es hier auch geben soll, kann ich verzichten. Das ist also die zweite Rarität nach meinem Fasan im ehemaligen deutsch-deutschen Grenzgebiet. Sicher auch nicht alltäglich ist eine Wiese mit über 50 Störchen, die sich weder vom Verkehr noch vom heranpirschenden Maik stören lassen. In Lahula - einem typischen Straszendorf, mit typischen Holzhäusern, der Kirche und der wahrscheinlich ehemaligen Gutsbesitzervilla - gibt es noch ein riesiges postsozialistisches Kulturhaus, in demman kostenlos Computer nutzen kann, was ich zur Buchung meines Hotels nutze, so dass ich beruhigt in den Abend hineinradeln kann. Zur Belohnung gibt es am Abend im Sport & Spa Hotel eine Art Lachspastete mit Salat, eine leckere Fischsuppe und als Hauptgang Butterfisch dazu ein Glas Bier und später ein Gläschen Wein. Das alles für reichlich 20 Euro. Super. Ich buche gleich noch eine Nacht dazu.
20.08.2010, Pärnu, die estnische Sommerhauptstadt (32 km/ 3136 km))
Heute ist Unabhängigkeits- und somit Nationalfeiertag!!!

Die Sonne lacht dazu & ich mache einen Ruhe- & Wellnesstag!!!
Morgens nach dem Schwimmen und der Sauna das bisher umfangreichste Frühstückbüfett (.........) Mein Fahrrad bekommt heute auch etwas Zuwendung- putzen, ölen, Bremsen und Schrauben nachstellen und Reifenwechsel, denn mein Hinterreifen hat kaum noch Profil. Da der Vorderreifen aber fast noch wie neue aussieht, werde beide einfach getauscht. Ich hoffe, so komme ich noch 2000 km.
Pärnu ist der Badeort in Estland. Schicke Hotels & Restaurants, Parks zum Spazieren, Einkaufspassagen zum Flanieren und ein langer Sandstrand. Trotz Sonnenschein war das Wetter aber heute eher was für Server. In Pärnu deuten nur die beflaggten Häuser auf den Feiertag hin, wobei die Flagge eher wie ein Putzlappen aussieht. Blau-Schwarz-Weiß - irgendwie fehlt ein optimistischer Farbton. Ansonsten scheint nicht besonders gefeiert zu werden. Nach dem Besuch des Museums of Modern Art Pärnu (klingt gut), in dem sich mein Eindruck von den braven estnischen Künstlern bestätigt, denn die anderen europäischen Künstler, die zu sehen sind, zeigen viel provokativere Kunstwerke, sehe ich noch eine Tanzperformence einer jungen Company aus Pärnu. Die jungen Mädels sind mit soviel Begeisterung dabei, dass die kleinen Schnitzer gar nicht ins Gewicht fallen. Auf dem Heimweg höre ich noch irgendwo Big-Band-Sound und finde die 11 köpfige Kapelle in einem Park vor einer wunderschönen Jugendstilvilla, die offenbar als Hotel und Noblerestaurante fungiert. Ich könnte mindestens jeden zweiten Song mitsingen. Die Swingmusik der 30er bis 50er Jahre ist eben international. Um so unverständlicher ist es für mich, dass die Sängerin nur 2 Titel von den 12, die ich höre, singt und dazu auch noch bei "Satin doll" scheitert. Am liebsten hätte ich mir bei "Tea for two" oder "Quando" das Mikro geschnappt.
Nachtrag: Die Esten, so wie ich sie erlebte, sind offen und freundlich. In touristischen Bereichen sprechen sie ein sehr gutes Englisch, so dass man sich manchmal seines eigenen schämen muss. Sobald man jedoch in ländlichere Gebiete kommt, sieht man auch viel einfaches Leben, sowohl was die Behausung als auch die Bekleidung betrifft und was Karin besonders auffiel: Die Qualität des Gebisses als Zeichen von Wohlstand - von glänzenden Goldzähnen bis hin zum lückendhaften Gebiss von Mittvierzigern.
Für den Radfahrer: Außer um Tallin herum waren alle (auch größeren) Straßen, vor allem wenn sie kein E oder A davor hatten, recht verkehrsarm und gut gefahrbar. Auch ausgewiesene Radwege würde man bei uns nicht als solche bezeichnen. Bordsteinkanten sind selten abgesenkt und wenn man sich mit Fußgängern einen Meter teilen muss, ist dies auch nicht besonders lustig. Ich bevorzuge die Straße.

Sonntag, 15. August 2010

Das Baltikum ruft

Wie ihre hier sehen könnt, bin ich bei 27 Grad auf alles vorbereitet!

16.08. Heute nach ruhiger Schiffsreise von zwei und einer halben Stunde treffe ich in Tallin ein. In diese Stadt bin ich sofort verliebt und beschliesze deshalb gleich noch einen Tag zu verlängern. Aber morgen ist mein Hotel, was wirklich seinen Preis wert und auszerdem am Rande der Stadtmauer als quasi mitten im Zentrum liegt, voll, wie man mir sagt. Ich könnte allerdings in meinem Doppelzimmer bleiben, allerdings zum doppelten Preis. Ich kann jedem Reisenden nur empfehlen sich erst einmal bei HRS unter www.hrs.de zu informieren. Jetzt bin ich also zum Leser und vor allem Internetnutzer der estnischen Nationalbibliothek in Tallin geworden und habe fuer morgen ein Hotel am Rand der Stadt im Gruenen zum halben Preis.
Irgendwie brauche ich mal wiederzwei Tage an einem Platz um zu verarbeiten und weiter zu denken.
Nachdem ich am Nachmittag einem Madrigalchor in einer Kirche eine Weile lauschte, gab es das erste Mal in meinem Leben Bären mit lecker Rotwein dazu. Ich hoffe nur ,der Kellner hat mir keinen Bären aufgebunden. Am Abend sah ich im Theater No.99 eine Tanzperformence einer Company aus Belgien (Choreografie: Anne Terese de Keersmaeker), deren Tänzer aus 12 verschiedenen Ländern und 5 Kontinenten stammen. Das Ganze hat mich ein bissl an meine Dresdner Rhythmikzeiten erinnert. Allerdings war diese Truppe wesentlich professioneller als wir damals. Was da eine Stunde zu "Drumming" von Steve Reich abging, war wirklich atemberaubend. Da gingen Soli in Duos, Terzette usw. ueber, wechselten mit Ensembleszenen, in denen die Tänzer wild durcheinander liefen, sich zitierten oder sich synchron bewegten. Wie man sich dieses Wirrwarr von einer Stunde merken kann, ist mir ein Rätsel, denn es wurden keine Bilder gezeigt oder Geschichten erzählt, sondern ein Bewegungsimpuls ging in den anderen ueber oder wurde zum Sprung, Hebung usw. Irre.
27. Etappe: 17.08. Tallin - (30 km -2861 km)
Das Frühstück ist heute ein Witz. In der Lounge stehen Papiertueten mit einem Sandwich, einem Tetrapack Saft, einem Apfel und einem Jogurt, d.h. als ich komme, steht nur noch eine vollständige Tüte da. Die anderen sind von den hunrigen Vorgängern geplündert. Ich bin grad beim Kaffeekochen, als weitere Gäste eintreffen. Irgendwie gelingt es uns über das Nachbarhotel weitere Tüten zu organisieren. So haben wir Zeit in illustrer Runde zu talken. Am Ende sitzen da zwei Tschechen, wobei sie in Bruessel bei der EU arbeitet, ein Ungar und ein Deutscher, die gemeinsam bei einer Schweizer Bank arbeiten und ich. Wenn man sich überlegt, wie weit von ihren Wurzeln die heutige Arbeitswelt die Menschen verschlägt und wie kosmopolitisch sich diese Menschen auch sehen, komme ich mir ein bissl altmodisch vor. Auszerdem merke ich wieder, wie schlecht mein Englisch ist. Wie gut, dass die Tschechin und der Ungar neben ihrem perfekten Englisch auch noch sehr gut Deutsch sprechen.
Mein neues Hotel liegt tatsächlich am Stadt- und Waldrand. Es ist zwar ein Vorwendeplattenbau, aber das Zimmer ist sehr geräumig und hell. Kein schlechter Tausch, zumal ich heute mittag auch gleich noch die heimische, sehr preiswerte Kueche dort ausprobieren konnte inklusive Töpfe gucken. Was mir auffiel, dass sehr viele Eingeboren zum Essen kamen und die Männer fast ausschlieszlich ein Glas Milch zu ihrem Mittagessen nahmen :-).?!
Das KUMU, das estnische Kunstmuseum, ist ein aus Beton und Glas geformter Koloss, aber offenbar muessen Museumsneubauten heute so aussehen, siehe Leipzig. Interessant war fuer mich, das 80% der Maler des 18./19. Jahrhunderts, die da hängen, deutsche Namen und somit deutsche Wurzeln haben. Auch ein Herr und eine Frau von Kuegelgen (die dresdner werden damit etwas anfangen können) waren vertreten. Die Bilder aus dieser Zeit sind ja ueberall die gleichen Schinken. An Expressionisten gab es ganz 12 Bilder und die Moderne war wirklich sehr brav. Den sozialistischen Realismus samt Lenin und Stalin muss man auch mal wieder gesehen haben. Am Interessantesten fand ich ein fast weiszes Bild, welches nur die Konturen eines Porträts erahnen liesz. In einer groszen Videoinstallation konnte man nebenan die Entstehung des Bildes verfolgen, von den ersten Strichen, ueber die verschiedenartigsten farblichen Uebermalungen bis hin zur fast wieder Unsichtbarmachung des Porträts. Gleich neben dem KUMU findet man das wunderbare Kathariental - Park und Schloss, welches Peter der Grosze bauen lies und nach seiner Frau benannte. Und da die Herrschenden auch heute zu leben verstehen, ist eine Villa mit Park auf dem Gelände Präsidentenpalast. Heute Abend muss mich noch entscheiden ob ich mich fast ohne Hoffnung beim ausverkauften Konzert des Hillard-Ensembles anstelle; aber die hört man natuerlich nicht jeden Tag, oder mir in der Niguliste-Kirche estnische Sakralmusik & Volkschoräle anhöre. Auf alle Fälle werde ich die Stadt heute noch mal bei Nacht durchstreifen, denn da zeigt sie ihr mittelalterliches Flair am schönsten.
Nachtrag: Der Abend endet in "der Mittelalter-Kneipe" der Altstadt mit entsprechender Musik, Kräuterbier und Wurst vom Bär, Elch & Wildschwein. Als die vier Bratwuerste vor mir liegen und sich durch nichts unterscheiden, frage ich die Bedienung, welche nun von wem sei, den eigentlich hätte ich schon gern gewuszt, welche Unterschiede es da gibt. Die Antwort: "Es ist alles in den Wuersten gemixt." Na, mit den Touris können sie es ja machen.

Freitag, 13. August 2010

Auf dem Weg nach Helsinki

Åland - Reise in ein unbekanntes Land

Geneigter Leser: Es ist mir nicht möglich, dies alles Korrektur zu lesen, auszerdem hat man hierzulande manche Zeichen nicht. Ich bitte alle Fehler zu entschuldigen.

Åland - bis vor Kurzem wuszte ich noch gar nicht, dass es dieses Land ueberhaupt gibt. Doch jetzt kann ich sagen, ich bin da gewesen. Åland ist seit 1921 eine autonome Region von Finnland, welches ja auch erst seit 1918 als eigenständiger Staat existiert, in der 26.500 schwedischsprachige Einwohner leben und das auf ueber 6500 Inseln und Schären. Die Åländer sind stolz auf ihr eigenes Parlament, bei uns wäre es der Landtag, eine eigene Flagge seit 1954 & (ganz wichtig) eigene Briefmarken seit 1984. Auszerdem haben sie naruerlich auch ein eigenes Nummernschild (siehe oben). Entscheidend fuer die wirtschaftliche Prosperität sind vor allem besondere Steuerregelungen, doch dazu später mehr. Åland war ähnlich wie Finnland stets Spielball der Machtkämpfe zwischen Russland und Schweden. Und wenn zwei sich streiten, freut sich bekanntlich der dritte. In unserem Falle das noch junge Finnland, denn dem unterstellte der Völkerbund 1921 Åland. Bei Wikipedia findet man weiter interessante Details.


22. Etappe: Stockholm - Grisslehamn auf der Insel Värrö -
10.08.2010 - 140 km/ 2534 km

Da ich das vorzuegliche Jugendherbergsfruehstueck auskoste und dan noch ein mindestens ein Stuendchen Blog schreibe, komme ich erst nach zwölf los. Nach einem Blick auf die Karte rechne ich mit 70 km bis zur Fähre. Eigentlich hätte ich ja auch von Stockholm nach Turku fahren können, doch ersten will ich auf meinem "Eisenschwein" Stockholm eben so heldenhaft verlassen, wie ich es "eroberte", und was wäre mir alles entgangen! Zwischendurch verfluche ich meine Sparsamkeit, da mein erster Gedanke war, den Vorortzug zu nehmen. Und die Fahrt durch die Stadt ist kein Vergnuegen. Erstens werden aus den angegeben 14 irgendwie 24 km und der Groszstadtverkehr ist doch echt nervig. Nach Stockholm muss ich noch zwei mal feststellen, dass die gewählten Straszen inzwischen Autobahnen sind und fuer mich nicht mehr in Frage kommen, doch dann finde ich einen wirklich traumhaften Weg durchs Inland. Es geht zwar permanent auf und ab., dafuer werde ich aber mit herrlicher Landschaft entschädigt - Birken- und Kiefernwälder, ab und an Tannen und vereinzelte Eichen, viele kleine und grosze Seen und jede Menge Naturreservate, die ich leider nicht durchwandern kann. Am Abend kommt auch noch die Sonne heraus, so dass ich gar nicht aus dem Sattel steigen möchte. Da mir unterwegs nichts passendes ins Auge springt errreiche ich gegen 20.00 uhr Grisslehamn. D.h. zwei Kilometer vor dem Ort radel ich an einem Griechen vorbei, der auch Zimmer vermietet. Normalerweise drehe ich nicht bei, aber in diesem Fall ist die Entscheidung, die ich nach knapp einem Kilometer treffe goldrichtig. Die Bude, die er vermietet, ist zwar abgefahren aber billig. Und das Lamm und der Rotwein mit dem ich anschlieszend belohne sind köstlich. Später lerne ich noch seinen kurdischen Mitarbeiter, der aber natuerlich auch wieder aus Deutschland/ Mannheim kommt kurz kennen. Allerdings ist er auf dem Sprung nach Stockholm, um seinen Bruder zu besuchen. So verbringe ich die Nacht in dem knisterden Holzhaus 2 km vor dem Ort allein.

23. Etappe: Grisslehamn - Marienhamn/ Åland

11.08.2010 - 44 km/ 2578 km

Die Fähren nach Åland, dies vorab, sind fuer die Schweden die Möglichkeit billig Alkohol zu kaufen. Dementsprechend voll sind sie auch und mancher Reisende wenig später. Gleich beim Einchecken lerne ich Oliver aus Bayern kennen, mit dem ich die nächsten 2 Tage verbringen werde. Amuesiert beobachten wird unsere liebe Schweden, wie sie palletenweise Bier, kistenweise Wein und beutelweise Schnaps aus dem Tax-Free-Shop schleppen. D ie zweistuendige Bottsfahrt ist ganz kurzweilig, aber wir werden nach besseres erleben. In Marienhamn steuern wir, nachdem wir verschiedenste Besorgungen gemacht haben, den Zeltplatz an. Heute ist der Abend an dem ich das erste Mal koche: Es gibt natuerlich Spagetti und ordentlich Rotwein, den ich mir auf der Fähre gegönnt habe. Oliver und vielen anderen Alleinreisenden, die ich gesprochen habe, geht es genau wie mir. Zwar hat man alles zum Kochen dabei, doch am Ende geht man lieber doch essen, eh man sich den ganzen Aufwand des Kochens und aufwaschens macht. Eigentlich war mein Kochgeschirr ja auch fuer den hohen Norden gedacht. Doch den ueberlasse ich jetzt Oliver, denn der will noch zum Nordkap.

Turku - Die Kulturhauptstadt Europas 2011

24. Etappe: Marienhamn: Turku/Abo - Finnland

12.08.2010 - 36 km / 2614 km

Nachdem ich am Morgen, während Oliver noch schläft, ein wenig die Umgebung von Grisslehamn erkundet habe, beschliesze ich auch heute schon weiter zu fahren. Die Åland-Inseln sind wunderbar fuer ein paar entspannte Tage in der Sonne geeignet. Man kann herrlich Fahrrad fahren, denn es gibt kaum Erhebungen. Wenn man Lust auf eine Bootsfahrt hat lässt man sich einfach von einer Insel auf die andere fähren. Alle Inlandsfähren sind kostenlos. Man musz nur sehen, dass man abends wieder zurueck kommt oder alles dabei hat. Doch da ich schon genug Inseln gesehen und mir der abendliche Sprung ins Meer gereicht hat, ist die nächste Fähre unser. Fuer lächerliche zehn Euro geht es auf eine fuenfstuendige Kreuzfahrt von Marienhamn/ Åland nach Turku/ Abo. Und wir sind beide begeistert. Oliver, der schon auf ca. 50 Radtouren und 95.000 km alle Erdteile beradelt hat, meint immer nur wieder: "Das ist ja wie in Kanada und Alaska, es fehlen nur noch die Wale." Wir erwarteten beide eine langweilige Fahrt ueber die glatte Ostsee. Doch was wir vor uns aus dem Fenster des Panorama-Cafes, in dem wir uns gleich einen Platz gesichert hatten, sahen, war teilweise atemberaubend. Fast die gesamte Zeit schlängelte sich unsere Fähre durch die Schären und Inselchen Ålands und später der finnischen Ostseekueste. Die Fahrrinne war manchmal so schmal, dass man das Ufer einen Steinwurf entfernt glaubte. Nach jeder Kurve booten sich neue Motive und Perspektiven. Wer mal eine preiswerte Kreuzfahrt machen will, der fährt von Schweden nach Åland, dort vielleicht noch ein bissl kostenlos zwischen den Inseln herum und weiter nach Finnland. Mich kostete der Spasz mit Fahrrad keine 20 Euro. Uebrigens schafften wir es zwischen unseren Fototerminen bei herrlichsten Sonnenschein an Deck, noch das komplette Wohlfuehlprogramm mitzunehmen. Lecker Abendbueffett zu moderaten Preisen und ganz vorn im Bug kurz unter der Bruecke des Kapitäns mit Aussicht auf Meer und Inseln .......ein Besuch in der finnischen Sauna. - So verwöhnt laufen (mit dem Schiff) & reiten (auf unseren Stahlrössern) wir in Turku ein. Herrlichstes Sommerwetter, die Straszen voll Menschen, ueberall Musik und alle Unterkuenfte voll. In Turku startet nämlich heute ein Musikfestival. Mit viel Glueck und ein bissl tricksen bekommen wir noch ein Zimmer im Hostel am Rande der Stadt. Jetzt heiszt es nur schnell Räder abpacken und hinein ins Nachtleben. Turku zeigt sich fuer uns heute Abend von seiner besten Seite. Ein lauer Sommerabend mit Straszen voll Menschen bis weit nach Mitternacht und ueberall Musik - auf dem Markt spielt eine Rockband, am Fluss Aura gibt es erst Klassik, später irgend ein musikalisches Kabarett, bei dem niemand lacht, eine Dia-Show !? und zum Schluss eine Big-Band aus Estland, die, nachdem sie ihren Volksmusikteil absolviert hat, ihre wahre Klasse zeigt. Zwischendrin erleben wir noch die unterschiedlichste Straszenmusik mit dem Höhepunkt auf einer Fuszgängerbruecke, die vom tanzenden Publikum zu afrikanischer Trommelmusik so zum schwingen gebracht wird, dass es nicht möglich ist zu fotografieren.

So verändert sich der Mensch im Norden - Oliver und Maik

Freitag, den 13.08.2010 und auszerdem 49. Jahrestag des Mauerbaues muss man einen Ruhetag in Abo/Turku machen. (24 km/ 2638 km)

Nach dem Fruehstueck verabschiede ich mich kurz aber herzlich von Oliver, den es nun in den Norden treibt, und beschliesze noch einen Tag zu bleiben. Unser Hostel ist eigentlich eine evangelische Fachhochschule, die in der nächsten Woche ihre Studenten zurueck erwartet. Dementsprechend gut ist die Infrastruktur. Es gibt eine Waschmaschine, die ich zu unschlagbaren Preisen (1,20 Euro) sogleich in Besitz nehme. In der Bibliothek sind ausreichend PC mit allen Anschluessen und keinen Einschränkungen zur kostenlosen Nutzung bereit. Man kann kostenlos das Schwimmbad und eine Sauna nutzen. Eigentlich möchte ich gar nicht wieder weg hier. Ich muss mich irgendwann hier echt losreiszen, um noch in die Stadt zu kommen, von der ich dann doch noch ein halbes dutzend Galerien, den beruehmten Dom aus dem Jahre 1300 mit dem Grab irgend einer Königin (Name wird nachgereicht) und das Sibelius-Museum, das nach Eigenangaben die bedeutenste Musikaliensammlung Finnlands beherbergt, sehe. Es ist zwar nicht mit dem Instrumentenmuseum in Leipzig zu vergleichen, besitzt aber eine huebsche Sammlung historischer Instrumente und speziell einige sehr interessante Tasteninstrumente. In der Jean-Sibelius-Austellung verweile ich ein wenig länger, zumal man an gemuetlichen Plätzchen bei einigen Hörproben und historischen Filmaufnahmen in sein Leben eintauchen kann. Zwischendurch muss ich noch einmal meine Herberge besuchen um Wäsche abzunehmen. Ja, so profan geht es hier zu. Aber wenn man so lange unterwegs ist, werden eh die elementaren Dinge wie Schlafen, Essen und trockene Kleidung und Schlafplätze wichtig. Am Abend lausche ich noch ein knappes Stuendchen gemeinsam mit unglaublich vielen jungen und sehr disziplinierten Leuten einem finnischen Liedermacher mit sehr tiefer Stimme, um anschlieszend noch einige nächtliche Fotoimpressionen mit Stativ zu machen. Die beruehmten finnischen Tango-Tänzer erlebe ich nicht, dafuer in einem kleinen Club nicht minder feurige Salsa-Tänzer.

25. Etappe: Samstag 14.08.2010 -

Turku - Caravan-Camping bei Sokkalla - (114 km/ 2752 km)

Heute arbeite ich morgens in der Bibliothek an der Fortplanung der Reise und meiner Post. Als ich starte ist es bereits kurz nach 14.00 Uhr. Das Fahren fällt mir nach quasi 2 Ruhetagen schwer. Und eigentlich sollte jetzt hier stehen: 100 km die "101" - die alte Strasze von Turku nach Stockholm gefahren und erschöpft ins Zelt gefallen. Aber es kommt mal wieder anders. Doch zuvor noch zwei Bemerkungen: Das Erste, was jeder Fahrradfahrer beachten sollte, wenn er von Schweden nach Finnland wechselt: "Defensiv fahren". Denn dort wo der Schwede fuer Fussgänger und Radfahrer bremst, gibt der Finne Gas - besonders am Zebrastreifen.

Das Zweite dauert jetzt ein bissl länger. Im Reisefuehrer steht: Der Finne sei verschlossener, wenn er sich aber erst einmal geöffnet hat, ...... Die "101" geht wirklich ziemlich gerade Richtung Stockholm. Daneben gibt es die neue Autobahn, so dass der Verkehr sehr erträglich ist. Das einzige, was ich unfair finde: Während fuer die Autobahn Berge abgetragen und Tunnel gebaut werden, muss ich mich durch zugegebenermaszen traumhafte Landschaft mit hunderten von Seen und unzähligen Huegeln bergauf bergab quälen. Unterwegs frage ich an einer Raststätte einige finnische Truckerfahrer ob die "101" auch bis Stockholm mit dem Fahrrad befahrbar ist um später keine böse Ieberraschung zu erleben. Die ziemlich muerrische Antwort ist zustimmend. Auf den gut 100 km, die ich am Nachmittag noch zuruecklege, findet sich allerdings keine Herberge und kein Zeltplatz. Als am Abend Nebel beginnt aufzusteigen und am Wegesrand sich statt eines geeigneten Nachtlagers nur felsiger Kiefernwald in Sicht ist, frage ich an einer Tankstelle noch einmal nach. Dort werde ich wenige Meter weiter in den Wald geschickt. Doch dies erscheint mir so aussichtlos, dass ich das Experiment abbreche. Langsam wird es dunkel und ich eine wenig unruhig. Doch wie so oft auf dieser Reise öffnet sich plötzlich eine Tuer. Caravan-Camping. Ich rolle auf den Platz und treffe Lief. Der Finne, der nur zehn Tage vor mir geboren wurde, wie sich später herausstellt, fragt mich nach dem Woher und Wohin und während ich gerade mit dem Platzwart verhandeln will, wo mein Zelt stehen kann, stellt er mir erst einmal eine Flasche Bier hin und wenig später mich den anderen Campern, die in trauter Runde zusammensitzen. Wenig später ist klar: Ich werde in seinem Wohnwagen schlafen. Damit ist genuegend Zeit noch einige Biere mit den Finnen zu trinken in einer sehr ausgelassenen Runde. Ich verstehe zwar meistens Bahnhof, aber es ist sehr lustig. Eine Finnin um die 50, die sich als Mutter der Kompanie verstellt, bietet mir einen Haarschnitt, das Waschen meiner Wäsche und eine Massage meiner geschundenen Beine. Allerdings nehme ich nur Letzteres an. Irgendwie gelingt es uns gegen Mitternacht den Klapptisch so zusammen zu klappen, dass ich auch wirklich einen Schlafplatz finde, doch jetzt dreht Lief erst richtig auf. Wir kommen vom Hunderste ins Tausendste, umarmen uns vor Freude und drehen uns irgendwann im Kreis. Irgendwann falle ich einfach um, während Lief noch bis zum Morgengrauen mit Rauchen und Biertrinken beschäftigt ist. Irgendwie muss er auch noch im See baden gewesen sein, so wie er es am Abend schon ankuendigte, denn sein nasses Handtuch liegt auf meiner Pritsche. Auszerdem finde ich, als ich am Morgen erwache, einen lauwarmen Kaffee bereitstehen. Lief schläft wie ein Baby nach dem Fuettern. Ich schreibe ihm einen kurzen Brief und mache mich ziemlich gerädert auf den Weg nach Helsinki. - Fazit: Also die Finnen können doch feiern und herzlich sein.

26. Etappe: Sonntag 15.08.2010

Caravan-Camping bei Sokkalla -Helsinki (79 km/ 2831 km)

Immer Sonntags reite ich in eine Hauptstadt ein. Da ich doch recht gut vorankomme, bin ich schon zu Mittag im Hotel, dass ich gestern von Turku aus gemeinsam mit dem fuer Tallin ueber HRS vorgebucht habe. Damit steht der Zeitplan fuer die nächsten zwei Tage. Ein Nachmittag reicht auch fuer Helsinki, denn die Stadt ist schnell erradelt, das Nationalmuseum ist sehr ueberschaubar und in der Stunde, die mir dafuer bleibt, vollständig erkundet und irgendwie fehlt der Stadt das Herz. Vielleicht hat auch deshalb mein Seume diese Stadt 1805 umfahren. Damals war sie aber auch noch sehr unbedeutend. Im Jazzclub gibt es erst am Dienstag das nächste Konzert, im Rockcafe legt ein DJ auf und die Sommerpause in der Oper ist erst am Freitag mit einer Premiere von "Eugen Onegin" beendet. Also verzichte ich heute auf Nachtleben und widme mich meinen Buechern.

Fotoimpressionen - Schweden
Da mir zu Ohren kam, dass es einige gibt, die nicht so gern die langen Texte lesen, und ich auszersdem endlich mal wieder einen PC mit USB-Anschluss habe, wird dies eine Fotoseite.
Ich sitze uebrigens mal wieder in einer Bibliothek. Diesmal ist es in einem Institut der Diakonie, welches noch diese Woche als Hostel & Hotel fungiert, bevor nächste Woche die Studenten wiederkommen. Das Wetter sollte mich eigentlich hinauslocken, denn während ich im Netz die Unwetterwarnungen fuer Deutschland lese, ist es hier wirklich sommerlich. Die Fotos sind nicht chronologisch.

Dieses Bild entstand auf der Fähre von Grisslehamn/ Schweden nach Eckerhö/ Åland. Auf diesen Schiffen gibt es Alkohol steuerfrei, weshalb die lieben Schweden den Tag morgens um zehn erst einmal mit Bier und Jägermeister beginnen, bevor sie sich anschlieszend im Tax-Free-Shop palettenweise mit Bier, Wein & Schnaps eindecken.
Wer jagt hier wen? Das Schwein sieht schon ziemlich angeschossen aus. Allerdings habe ich beide Gattungen nie in freier Wildbahn gesichtet.

Der Dame scheint mein Fahrrad nicht zu gefallen.!?

Jetzt einiges fuer die Kunstliebhaber - Dazu fällt mir nichts ein!

Wer ist wohl hier von seinem Sockel herabgestiegen.?!

Diese Figuren sind aus ganz duennen Granitplatten. Was die Herren mit der Dame vorhaben, kann ich euch nicht sagen.

Hier musste ich mein Fahrrad ins Gesamtkunstwerk einfuegen!

Fuer alle die es etwas farbenfroher mögen ....

Und zum Schluss die Volkskunst

Dieses Schiff war im Hafen von Stockholm einfach mal untergetaucht, hatte aber noch ein sichtbares Verkaufschild an der Kajuete....?!

Auf dem weiszen Schiff habe ich zwei Tage geschlafen.

Visby - Barockkirche vor mittelalterlicher Burgruine und Kreuzfahrtschiff
Gotland - Ein Wirtshaus wahrscheinlich aus der Renaissance

Diese Tanksäulen stehen vor vielen Supermärkten und werden auch noch benutzt. - Dahinter steht mein "Eisenschwein".

Fårö - Diese Kiste fährt wahrscheinlich nicht mehr.

Mitten in den Fuenfzigern ....
Visby - Das ist ein intakte Telefonzelle.

Diese UFO landet in einem Vorort von Kalmar.
Hier noch mal einmal ein Blick auf Stockholm mit "meinem" Dreimaster rechts unten. Wie ich das hinbekommen habe, löse ich in einem meiner nächsten Blogs auf.Jetzt das Ganze noch mal bei Nacht ....und nun mit einem Blick aus meinem Zimmer.
Was der Vogel von mir wollte, ist klar - Futter!

Beim Blick ins Fenster einer Fischerhuette hat sich der Fotograf mit abgelichtet.

Das sind die Typen ueber die Ingrid auf Fårö geschimpft hat. Wohnwagen fuer 1.000.000 Kronen und mehr und dann die 180 Kronen fuer den Zeltplatz sparen und irgendwo im Naturreservat stehen. Alle 4- 5 Tage sind die auch auf dem Zeltplatz um ihren Muell und ihre Väkalien los zu werden.

Der kleine gruen/orange Fleck in der Bildmitte ist mein Zelt, links daneben steht mein Fahrrad.

Das ist ein bewirtschafteter Schafhof auf Fårö.

Dies ist der Versuch, die Schärenlandschaft auf ein Bild zu bannen.
Angeblich stammen diese Zeichen von den Wikingern, was ich mir allerdings bei diesem guten Zystand kaum vorstellen kann.Und zum Beweis, dass Schweden nicht teuer sein muss: "Dagens Husman" (Quasi das Tagesmenue des Hausmanns) mit einem Softgetränk und "Kaffee satt" auf der Gotlandfähre fuer 8,50 Euro.